Projekt
Vorbereitung von Anergienetz-Startzellen im Projektgebiet WieNeu+ 20 + 2
Auftraggeber Stadt Wien – Technische Stadterneuerung (MA 25), Österreichischer Städtebund
Status/Laufzeit abgeschlossen (2024)
Ausgangssituation
Für die Umsetzung der Energiewende gemäß der österreichischen Klimaziele und der Wärmewende bedarf es neuer Lösungen für die Bereitstellung von Heizwärme und Warmwasser in der bebauten Stadt. Insbesondere der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, die politische Erpressbarkeit Europas und speziell Österreichs aufgrund der Erdgasversorgung sowie die Preiserhöhungen bei Energie haben gezeigt, dass ein rascher Phase-Out von Erdgas notwendig ist. In Wien liegt der Anteil an Wohnungen, welche derzeit mit Erdgas beheizt werden, bei etwa 55%. Die Fernwärme soll in Wien von derzeit 45 % auf 56 % bis zum Jahr 2040 ausgebaut werden. Damit müssen für die restlichen 44% der Wohnungen andere, nachhaltige Formen der Wärmeversorgung umgesetzt werden.
Ziele und Inhalt
Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde das Projektgebiet "WieNeu+ 20+2" untersucht. Ziel der Studie war es, drei potenzielle Anergienetzstartzellen zu identifizieren und initiieren. Der Auswahlprozess im Rahmen des Projekts erfolgte in mehreren Stufen, um die am besten geeigneten Startzellen für das Anergienetz zu identifizieren. In der ersten Stufe wurde das Gesamtprojektgebiet "WieNeu+ 20+2" systematisch analysiert. Das Projektgebiet "WieNeu+ 20+2" fasst das Gebiet im 20. Bezirk bis Donaukanal und Stromstraße mit dem Volkert- und Alliiertenviertel zusammen, mit der Nordwestbahnstraße als Verbindung. Hierbei wurden anhand verschiedener Eignungskriterien insgesamt elf potenzielle Anergienetz-Startzellen identifiziert. Ein wichtiges Eignungskriterium war dabei, dass diese Anergienetz-Startzellen möglichst weit vom bestehenden Fernwärmenetz entfernt liegen sollten.
Im nächsten Schritt wurden die elf potenziellen Startzellen einer detaillierten Bewertung unterzogen, die eine umfassende Einbindung relevanter Stakeholder einschloss. Dies beinhaltete eine sorgfältige Analyse der Vor- und Nachteile jeder Startzelle. Als Ergebnis dieses Selektionsprozesses kamen sechs potenzielle Anergienetz-Startzellen in die engere Auswahl.
In der dritten und letzten Stufe des Auswahlprozesses wurden die Eigentümer:innen der Liegenschaften innerhalb dieser ausgewählten potenziellen Startzellen kontaktiert. Ihr Feedback spielte eine entscheidende Rolle bei der weiteren Selektion. Auf Basis dieser Rückmeldungen wurden schließlich drei Gruppen von potenziellen Startzellen ausgewählt, mit denen die Projektarbeit in Kleingruppen weitergeführt wurde.
Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen wurden Empfehlungen entwickelt, die die Implementierung von Anergienetzen im Bestand unterstützen. Dieser Prozess und die dabei gesammelten Erfahrungen sind im vorliegenden Bericht dokumentiert und sollen als Leitfaden für zukünftige Projekte dienen.
Ergebnisse
Zur Bildung einer Anergienetz-Startzelle sind Impulsgeber notwendig. Dies können zum Beispiel Eigentümer:innen einer Liegenschaft sein, die Kontakt mit den benachbarten Liegenschaften aufnehmen und den Aufbau einer Anergienetz-Startzelle selbst organisieren. Der Anstoß kann aber auch von ausführenden Unternehmen im Rahmen ihrer Akquisetätigkeit ausgehen.
Liegenschaften mit vielen Einzeleigentümer:innen, die dem Wohnungseigentumsgesetz unterliegen, haben einen deutlich höheren organisatorischen Aufwand. Sie müssen mehr Hürden überwinden, wie zum Beispiel Mehrheitsbeschlüsse, um an einem Anergienetz teilzunehmen. Der Prozess von der Idee über die Beschlussfindung bis zur Umsetzung ist so komplex, dass er für Privatpersonen allein kaum zu bewältigen ist. Hier benötigen die Eigentümer:innen meist eine externe Organisation, welche sie in dem Prozess unterstützt.
Eine Möglichkeit ist, dass unabhängige Beratungsorganisationen Anergienetz-Startzellen initiieren und diese bis zum Vertragsabschluss mit einem ausführenden Unternehmen begleiten. Die Kosten dafür könnten entweder von der öffentlichen Hand oder von den Gebäudeeigentümer:innen getragen werden.
Da die Dekarbonisierung des Heizsystems lange Vorlaufzeiten erfordert, sollten Hauseigentümer:innen möglichst zeitnah Umstiegskonzepte inklusive Zeitplänen für ihre Gebäude entwickeln. Hierfür sollten verbindliche Fristen festgelegt werden, eventuell gestaffelt nach dem spezifischen Heizenergiebedarf (HEB) der Gebäude. Ein solches Umstiegskonzept ermöglicht die langfristige Planung notwendiger Anpassungsarbeiten wie die Zentralisierung der Wärmeleitungen, die Installation eines Niedertemperatursystems oder Wärmedämmmaßnahmen. Diese Arbeiten können mit anderen Bauvorhaben im Gebäude kombiniert werden, um Kosten zu sparen.