Beatrix Hausner und Elif Gül

Beitrag zum Weltfrauentag 2021

Die Zukunft muss weiblicher* werden! Wir brauchen mehr Innovatorinnen*, Gestalterinnen* und Nutzerinnen*

Digitale Technologien werden von Menschen gestaltet und sind keine neutralen Produkte. Vielmehr spiegeln sie die Ideen, Werte und Vorstellungen derer wider, die sie entwickelt haben. Das verdeutlicht auch nochmals die von der ÖGUT mitgestaltete Hintergrundstudie zu „Laura Bassi 4.0 – Digitale Ungleichheit: Wie sie entsteht, was sie bewirkt ... und was dagegen hilft".

Die Gestaltung des Internets, von IKT und deren Möglichkeiten ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die jedoch überwiegend von jüngeren, technisch gebildeten Männern übernommen wird. So sind beispielsweise lediglich 18 % der IKT Spezialist*innen in Österreich weiblich. Es besteht damit die Gefahr, dass (unbewusst) Produkte und Technologien an den Bedürfnissen und Erfahrungen großer Teile der Bevölkerung vorbei entwickelt werden.

Dieser Ausschluss führt in Folge dazu, dass technikbasierte Erneuerungen in Politik und Technik nur für einen kleinen – wohlhabenden, männlichen, technikaffinen und dateninteressierten – Teil der Gesellschaft, gewinnbringend oder umsetz- und anwendbar sind.

Wir überlassen Technologieentwicklung überwiegend jüngeren, technisch gebildeten Männern

Historisch gesehen ist die Technik ein sehr ungleicher, von Männern dominierter Bereich, Frauen und diverse Personen finden kaum Zugang dazu. Genderstereotype, die Männer als techniknahe und alle anderen als technikfern darstellen, prägen bereits die frühkindliche Entwicklung. Mädchen schätzen sich im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen schlechter ein und werden nicht zu Ausbildungen im MINT-Bereich ermutigt. Die Bildungssegregation setzt sich beim Eintritt in die Arbeitswelt auch in Zeiten der Digitalisierung fort (z.B. weibliche Bewerbungen im technischen Bereich können durch Algorithmen behindert werden). Frauen, die den Einstieg in MINT-Berufe geschafft haben, verlassen den Bereich oft wieder. Eine männlich geprägte Arbeitskultur (z.B. Anwesenheits- und Überstundenkultur) und männliche Stereotype (z.B. „Nerds") bieten wenig Anknüpfungs- und Identifikationspunkte oder Karrierechancen für Frauen und diverse Personen.

Veränderungen brauchen Inklusion auf allen Ebenen

Einzelne Akteur*innen und auch Gruppen können Transformationsprozesse anstoßen. Damit aber diese Prozesse dauerhaft wirksam werden können, braucht es das Zusammenspiel verschiedenster Bereiche, wie etwa Wirtschaft, Verwaltung und Forschung. Eine Grundbedingung dafür ist die Inklusion von Frauen und diversen Personen in allen von diesem Umbau betroffenen Bereichen.

Deshalb ist es unabdingbar, die Lebensrealitäten von Frauen, Männern und diversen Personen aller Alters- und Vermögensstufen zu verstehen sowie ihr gesamtes Lebensumfeld zu erfassen. Ungleichheiten müssen sichtbar gemacht werden, um sie anschließend eliminieren zu können.

Dazu braucht es

  • eine verstärkte Zusammenarbeit der Forschenden aus Naturwissenschaft und Technik mit Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften,
  • die Schaffung von Plattformen, in denen ein inter- und transdisziplinärer Austausch stattfinden kann und
  • mehr geschlechtsspezifisch aufgeschlüsselte Daten, die die Umsetzung von inklusiver Politikgestaltung fördern.

Darüber hinaus sollte die öffentlich finanzierte Forschungsförderung sicherstellen, dass Forschung finanziert wird, die zu Chancengerechtigkeit und Inklusion führt und keine Bevölkerungsgruppen ausschließt. Die Einführung von Berufs- und Bildungsberatung für Jugendliche und österreichweite Talentechecks sollten um Aktivitäten erweitert werden, die darauf abzielen, mehr Mädchen, Frauen und Diverse generell sowie Kinder und Jugendliche speziell auch mit Migrationshintergrund in technische Ausbildungen und Studien zu bringen, um langfristig diverse Forschungsteams sicherstellen zu können.

Was wir in der ÖGUT dafür tun

Chancengerechte Gestaltung von Digitalisierung: Laura Bassi Netzwerk 4.0

Die ÖGUT unterstützt die FFG beim Aufbau des Netzwerks Laura Bassi 4.0, das sich österreichweit für die chancengerechte Gestaltung von Digitalisierung einsetzt. Das Netzwerk bietet eine Plattform zur interaktiven Vernetzung relevanter Stakeholder*innen, eröffnet Reflexionsräume und kommuniziert Anliegen zur chancengerechten Gestaltung von Digitalisierung. Das passiert in Form von Netzwerkforen, die inspirierende Inputs und Praxisbeispiele bieten. Zudem gibt es die Möglichkeit, Themen- bzw. Arbeitsgruppen zu bilden. Das nächste Netzwerkforum findet am 16. März 2021 statt und ist für alle offen

Gendergleichstellung für die Energiewende: IEA User-Centred Energy Systems - Empowering all

Die ÖGUT unterstützt die FFG und das BMK dabei, länderspezifische Empfehlungen für integrative Energiestrategien auszuarbeiten. Das betrifft Politikgestaltung sowie Technologieentwicklungen. Vom IST- Status ausgehend wird hier die vorhandene Literatur genutzt, um Empfehlungen für Technologieunternehmen und politische Gremien auf nationaler und internationaler Ebene zu erarbeiten. Zudem werden gender- und diversitätsspezifische Technologieentwicklung und Nutzer*innenerhebungen mit Unternehmen diskutiert. Mehr Infos

Expertinnen sichtbar machen: FEMtech Frauen in Forschung und Technologie

Die ÖGUT unterstützt das BMK bei der Umsetzung der Plattform. Diese bietet Videos über die Tätigkeit von Forscherinnen* und Technikerinnen*, geschlechtsspezifisch aufgeschlüsselte Daten zu naturwissenschaftlich und technisch ausgerichteten Ausbildungen und Branchen in Österreich sowie relevante Publikationen und Veranstaltungen zum Thema. Mehr Infos

Diversifizierung der Energiebranche: C3E Secreteriat

Die C3E Initiative (Clean Energy Education and Empowerment International Initiative) ist ein Technologieprogramm der Internationalen Energieagentur (IEA) und des Clean Energy Ministerial. Die Initiative soll dazu beitragen, die Energiebranche zu diversifizieren. Frauen sollen durch den Aufbau eines internationalen Netzwerks und den Austausch von Erfolgsstrategien gestärkt werden. Zudem werden geschlechtsspezifisch aufgeschlüsselte Daten zum Energiebereich gesammelt. Die ÖGUT organisiert das Sekretariat für das C3E.

Ein Beitrag zum Weltfrauentag 2021 von Beatrix Hausner und Elif Gül

Anmerkung zum Gender-Stern: Für die gendersensible Schreibweise nutzen wir in diesem Beitrag den „*", da wir nicht nur Frauen und Männer ansprechen wollen, sondern auch alle Menschen die sich nicht im binären Geschlechtersystem befinden und/oder anders definieren.
Ist der „*" am Ende eines Wortes, meinen wir in diesem Fall „alle, außer Männer", da es in diesem Fall zum Kontext des Beitrags passt.

 

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