TeilnehmerInnen Themenfrühstück "Big Data"

ÖGUT Themenfrühstück

Big Data im Gebäudebereich: Bedarfslagen, Trends, Visionen

In zwei Impulsreferaten wurden aktuelle Ergebnisse und laufende Aktivitäten zum Thema vorgestellt. Anschließend wurde über den Nutzen des Wissens aus Energiedaten für unterschiedliche Zielgruppen und Rahmenbedingungen zur Entwicklung „smarter“ Energiedienstleistungen in dem Bereich diskutiert.

Angesichts internationaler Klima- und Energieziele erfordert deren Erreichung im Gebäudesektor sowohl höhere Energieeffizienzstandards in Richtung „Nearly Zero Energy Buildings“ (nZEB) als auch die weitgehende Dekarbonisierung der bereitgestellten Energie (z.B. für Raumwärme, Beleuchtung, Elektrogeräte). Die Daten über den heutigen Gebäudebestand und Energieverbrauch, Ausgangspunkt und wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Umbau, sind häufig nicht bzw. beschränkt verfügbar, unvollständig oder mangelhaft und oft nur mit erheblichem Aufwand auswertbar.

ÖGUT-Experte Gerhard Bayer präsentierte im Rahmen des Themenfrühstücks, an welchem rund 20 Personen aus Wissenschaft, Verwaltung und Unternehmern im Bereich digitaler Dienstleistungen teilnahmen, Ergebnisse aus zwei ÖGUT-Projekten. Im Projekt NEWID IST, beauftragt durch die MA 20 der Stadt Wien, wurden Jahres-IST-Verbräuche von 20 Dienstleistungsgebäuden in Wien analysiert. Die gemessenen Mittelwerte der Jahresverbräuche liegen deutlich höher als die Soll-Werte, vor allem im Bereich Raumwärme übersteigen die Ist-Werte die im Energieausweis berechneten Werte im Durchschnitt um das Doppelte. In einem weiteren Projekt, EV-DLG, wurden Ist-Daten von Dienstleistungsgebäuden in 15 Minuten-Intervallen untersucht, wobei hier nur die Strom-Gesamtverbräuche zur Verfügung standen. Dennoch war durch spezifische Auswertungsmethoden sehr gut ablesbar bzw. interpretierbar, wie der Energieverbrauch auf einzelne Verbrauchssektoren zuzuordnen ist und welches Optimierungspotenzial besteht. Als Fazit aus diesem Projekt konnte die Erkenntnis gewonnen werden, dass in Dienstleistungsgebäuden 20 % Energieverbrauchsreduktion leicht realisierbar sind, ohne Investitionen in Haustechnik oder die Gebäudehülle tätigen zu müssen.

Im zweiten Beitrag stellten Valentina Rohrer-Vanzo und Elisabeth Solacher (gizmocraft, design and technology GmbH) die Vielfalt an Daten und Möglichkeiten der Auswertungen und Analyse aus bestehenden Datenbanken (wie z.B. der Energieausweisdatenbank ZEUS) vor. Als Beispiele dienten HWB-Verbesserungen durch Sanierungen nach Gebäudealtersklassen sowie räumlich verteilt auf Gemeindeebene, das Energiemonitoring inklusive Reporting für Gemeinden oder das Energie-Benchmarking anhand von öffentlich frei zugänglichen Daten am Beispiel von New York. Als Ausblick wurden potenzielle Interessenten an dem Wissen aus Energiedaten aufgezählt und näher auf ihre speziellen Bedürfnisse und den unterschiedlichen Nutzen eingegangen.

Im Anschluss an die Präsentationen diskutierten die TeilnehmerInnen darüber, welchen konkreten Nutzen das Wissen aus Energiedaten für unterschiedliche Zielgruppen (Forschung, Energieversorger und Netzbetreiber, Professionisten wie z.B. Haustechniker und ganz wichtig, EndverbraucherInnen) bietet und welche Rahmenbedingungen zur Entwicklung „smarter“ Energiedienstleistungen in dem Bereich förderlich wirken bzw. was dazu aus derzeitiger Sicht notwendig ist. Das Erfassen und v.a. das Aufbereiten immer größer werdende Datenvolumen wird zunehmend von Maschinen übernommen und liefert den Menschen nur noch die Informationen als Grundlage für Entscheidungen (qualitative Daten).

Eine wesentliche Voraussetzung für die Entstehung von innovativen Dienstleistungen ist die Klärung rechtlicher Fragestellungen (Datenschutz, Datensicherheit) im Zusammenhang mit der zunehmenden Digitalisierung und Ansammlung von großen Datenbeständen (Big Data). Im Zuge der Diskussion wurde auch augenscheinlich, dass der Begriff „Big Data“ unzureichend definiert ist und dadurch vielfach als Überbegriff falsch verwendet wird.

Am Beispiel der Stadt Wien wurde diskutiert, dass umfassende Strukturdaten zumeist vollständig vorhanden sind und gut aufbereitet vorliegen. Die eigentliche Herausforderung liegt im „Verschneiden“ von Datensätzen bzw. ganzer Datenbanken, um daraus neue Auswertungen zu generieren, die einen Mehrwert hinsichtlich raumplanerischer Aufgaben liefern können.

Von mehreren Seiten wurde letztlich der Wunsch geäußert, sowohl organisatorische Unterstützung (v.a. im Bereich innovativer Start-ups) als auch rechtliche Klarheit von Seiten des Gesetzgebers zu schaffen. Insbesondere besteht hier die Gefahr, von international etablierten und erfolgreichen Anbietern (siehe O-Power, Amazon, Google, Facebook), die maßgeschneiderte Dienstleistungen am Markt anbieten und dennoch z.T. in einem rechtlichen Graubereich agieren (die entweder zur Anpassung von Rahmenbedingungen oder Änderungen der Dienstleistungen führen), vom Markt gedrängt zu werden.

Unter den TeilnehmerInnen herrschte dahingehend Übereinstimmung, verstärkt in Richtung Austausch und Vernetzung im Bereich „Big Data“ zusammenzuarbeiten, um an der Erleichterung von Rahmenbedingungen und Etablierung einheitlicher Standards (Anforderungen) zu arbeiten. 

Präsentationen

Erfahrungen aus den Projekten NEWID IST und EV-DLG (DI Gerhard Bayer, ÖGUT)

BIG ENERGY DATA im Gebäudebereich – Status Quo und Ideen für Österreich (Dr.in Valentina Rohrer-Vanzo, Mag.a Elisabeth Solacher, BSc., gizmocraft, design and technology GmbH)

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