Projekt
Basis-Substrate aus biogenen Reststoffen zur Herstellung von Schlüsselchemikalien (Bio-Basis)
Auftraggeber FTI-Initiative "Intelligente Produktion" des BMVIT
Status/Laufzeit abgeschlossen (März 2013)
Zielsetzung
Bei der Lebensmittel- und Holzverarbeitung fallen jährlich große Mengen an biogenen Reststoffen von unterschiedlicher Beschaffenheit und Form an. Zurzeit wird nur ein geringer Prozentsatz dieser biogenen Reststoffe stofflich verwertet, der Großteil wird zur Herstellung von Biogas genutzt oder direkt entsorgt. Ziel des Projektes „Basis-Substrate aus biogenen Reststoffen zur Herstellung von Schlüsselchemikalien“ war es, die Effizienz des Biomasseeinsatzes durch Verarbeitung von biogenen Reststoffen zu steigern, indem diese Reststoffe als Rohstoffe für die Herstellung von Schlüsselchemikalien verwendet werden.
Vorgangsweise
Im Zuge der Einstiegsrecherche wurde festgestellt, dass es bereits zahlreiche Bemühungen auf Unternehmensseite gibt, die anfallenden Reststoffe zu verwerten – dies bezieht sich meist nur auf betriebsinterne Reststoffe und direkte Verwertungsmöglichkeiten. Das durchgeführte Projekt zielte darauf ab, die Verwertungswege der Reststoffe auszuweiten und durch betriebsübergreifende bzw. branchenübergreifende Betrachtung ungenutzte Potenziale auf nationaler Ebene aufzudecken.
Neben der Erhebung der aktuell in Österreich anfallenden Reststoffe wurden bestehende Technologien durchleuchtet und mögliche Ausgangssubstrate für diese Technologien definiert. So wurden die erhobenen Reststoffe auf Basis ihrer Zusammensetzung in vier Substanzklassen gegliedert:
- Zuckerhaltige Reststoffe: Melasse, Molke, Abfälle aus der Milchverarbeitung, etc.
- Stickstofffreie Extraktstoffe (NfE): Treber, Pressschnitzel, Stroh, Rapskuchen, etc.
- Zellulosehaltige Reststoffe: Holzreststoffe, Altpapierrejecte, Sonnenblumenkuchen, etc.
- Stärkehaltige Reststoffe: Kartoffelpülpe
Weiters wurden, von der Marktseite ausgehend, die wichtigsten Schlüsselchemikalien identifiziert, welche in Bioraffinerien hergestellt werden können. Zuletzt wurden alle erhobenen Daten und Faktoren in einem im Zuge des Projektes entwickelten Prozessmodell zusammengeführt. Mit Hilfe dieses Modells kann eine Aussage über die notwendigen Rahmenbedingungen, die einen wirtschaftlichen Betrieb der einzelnen Verwertungswege ermöglichen, getätigt werden. Damit lassen sich mögliche ungenutzte Potenziale aufzeigen.
Ergebnisse
Neben Daten zu Menge und Zusammensetzung von organischen Restoffen aus der Österreichischen Industrie und Lebensmittelherstellung konnte auch das wirtschaftliche Potenzial dieser Verfahren abgebildet werden. Außerdem wurden 10 Schlüsselchemikalien identifiziert, die seitens des Marktes ein hohes Potenzial aufweisen. Diese sind beispielsweise Bernsteinsäure, Butandiol, Furandicarboxylsäure, Lävulinsäure, Ethylacetat etc. Ausgehend von den oben angeführten Substanzklassen, konnte eine Abschätzung getroffen werden, welche Schlüsselchemikalien daraus hergestellt werden können. Aufgrund der in Österreich bereits vorhandenen Infrastruktur und des Know-Hows, wurde beschlossen, die Herstellung von Bernsteinsäure aus den oben genannten Substanzklassen einer Wirtschaftlichkeitsanalyse zu unterziehen.
Anhand des entwickelten Prozessmodells konnte auf die Wirtschaftlichkeit dieses Verfahrens geschlossen werden. Hierbei wurden sämtliche anfallenden Kosten einer biotechnologischen Verwertung (inklusive vor- und nachgeschalteter Aufbereitungsverfahren) der unterschiedlichen Substanzklassen simuliert und die spezifischen Produktionskosten berechnet. Damit kann abgeschätzt werden, unter welchem Verkaufspreis die betrachteten Verwertungswege kostendeckend werden (kritischer Produktpreis):
Substanzklasse | Anfallende Menge an Reststoffen [t/a] | Ausbeute an Bernsteinsäure [%] | Spez. Herstellkosten für Bernsteinsäure [€/kg] |
Zuckerhaltige Reststoffe |
207.000 |
48 % |
1,2 |
Stickstofffreie Extraktstoffe |
2.000.000 |
22 % |
1,5 |
Zellulosehaltige Reststoffe |
570.000 |
15 % |
1,8 |
Stärkehaltige Reststoffe |
2.262 |
24 % |
1,5 |
Zusammenfassend muss gesagt werden, dass sich der Marktpreis für Bernsteinsäure zwischen 4,6 und 6,9 €/kg bewegt. Unter diesem Gesichtspunkt wären alle betrachteten Verwertungswege wirtschaftlich. Allerdings wurden marktspezifische Rahmenbedingungen (z.B. Marktaufschläge durch die Chemikalienhändler, etc.) nicht im Rahmen dieses Projekts betrachtet. Aufgrund der Ausbeute und des Mengenpotenzials an Reststoffen wird für die Herstellung von Bernsteinsäure vor allem den zuckerhaltigen Reststoffen, sowie den NfE`s das höchste Marktpotenzial zugetraut.
Ausblick
Im Rahmen einer von der ÖGUT veranstalteten Präsentation wurden die Projektergebnisse VertreterInnen interessierten Unternehmen vorgestellt und über konkrete Umsetzungen diskutiert. Aufgrund des positiven Feedbacks hinsichtlich der erarbeiteten Ergebnisse und der Interessensbekundungen relevanter Unternehmen an weitergehenden Aktivitäten sind weitere Forschungsvorhaben geplant. Vor allem im Bereich der zucker- sowie NfE-hältigen Reststoffe gibt es Alternativen zur momentan vorherrschenden energetischen Verwertung.
In Zusammenarbeit mit Reststofflieferanten und Bioraffineriebetrieben können die in diesem Projekt erarbeiteten Ergebnisse und Erkenntnisse vertieft, Annahmen verifiziert und Pilotprojekte initiiert werden. Durch Einsatz biogener Reststoffe bieten sich nicht nur wirtschaftlich interessante Möglichkeiten für Betriebe – es können so auch zahlreiche Folgewirkungen für Umwelt und Wirtschaft erzielt werden, u.a. die Substitution von Rohstoffen auf fossiler Basis, die Steigerung der Ressourceneffizienz durch kaskadische Nutzung, Erhöhung der regionalen Wertschöpfung oder auch die Verstärkung des Leistungsangebots der österreichischen Industrie durch die Weiterentwicklung und den Ausbau bestehender Verwertungstechnologien.
Durch das Ausbauen neuer Nutzungs- und Verwertungswege kommt es zu einer Steigerung der Wertschöpfung entlang der Produktionsketten und dies nicht nur bezogen auf wenige Unternehmen, sondern branchen- und regionsübergreifend.