ÖGUT-Umweltpreis 2024

Preisträger in der Kategorie Nachhaltige Kommune

Klimafitte Thermenhauptstadt Fürstenfeld: Energiemasterplan und Investitionsprogramm zur Erreichung einer städtischen Klimaneutralität (Stadtwerke Fürstenfeld GmbH)

Die Stadt Fürstenfeld will bis 2030 klimaneutral werden. Bei der „städtischen Energiewende", sollen umgerechnet 1.500 Haushalte sowie das LKH Fürstenfeld mit eigener Wärme und umgerechnet 5.600 Haushalte mit eigenem Strom versorgt werden. Fürstenfeld als Klimabündnis-Steiermark-Gemeinde und KEM-Gemeinde will damit einen umfassenden Beitrag zur regionalen Energieunabhängigkeit, CO2-Reduktion und zur Erreichung der Klimaziele leisten. Dazu investieren die Stadtwerke Fürstenfeld entsprechend einem Energiemasterplan insgesamt € 70 Mio. exkl. Ust. in umfangreiche Photovoltaik-Projekte, eine Holzvergaseranlage sowie Batteriespeicheranlagen und bauen das dazugehörende Strom- und Fernwärmenetz bedarfsgerecht aus.

Holzvergaserwerk. © Stadtgemeinde Fürstenfeld

Energiemasterplan gibt den Weg vor

Ausgehend von einem im Jahr 2022 rund 70%-igem Gasanteil bei der städtischen Wärmeversorgung werden die Maßnahmen bis Dezember 2024 dahingehend gesetzt, dass in kürzester Zeit eine „städtische Energiewende" geschafft werden kann. Dazu gehören

  • die Errichtung von PV-Flächen mit einer jährlichen Stromproduktion von insgesamt 33.000 MWh,
  • die Errichtung Österreichs größter Holzvergaseranlage: Strom: 2.000 kW (Leistung) mit 16.000 MWh Stromproduktion/Jahr; Wärme: 3.000 kW (Leistung) mit 25.000 MWh Wärmeproduktion/Jahr,
  • die Errichtung Österreichs größter Batteriespeicheranlage: 24.000 kWh Speicherkapazität, 12.000 kW Leistung; in Bau befindlich (Inbetriebnahme Dez. 2024),
  • der bedarfsgerechte Ausbau des Fernwärmenetzes für die Nutzung der thermischen Erneuerbaren Energie,
  • der bedarfsgerechte Ausbau des Stromnetzes sowie
  • die Integration einer bestehenden Biomasse-, und Biogas-Anlage.

Dabei liegen die größten Herausforderungen einerseits in der Kombination der Investitionen (Strom- u. Wärmeversorgung „aus einer Hand") und zeitlichen Abfolge der Bautätigkeiten, denn bis Ende 2024 soll alles fertiggestellt sein. Andererseits hat die technologische Ausstattung der Anlagen in dieser Dimension für Österreich einen hohen Neuheitscharakter und ist somit mit technologischen Herausforderungen behaftet.

Bürger:innen können über „FAIRsorgt" monetär profitieren

Bereits in der Planungsphase wurde das große Vorhaben im Rahmen von drei Bürger:innen-Versammlungen vorgestellt und sehr positiv aufgenommen. Wer wollte, konnte die Baufortschritte in Online- und Printmedien mitverfolgen. Die regelmäßigen Bürger:innen-Versammlungen boten auch einen Fixpunkt der Information. Eine besondere Projektbeteiligung wurde seitens der Stadtwerke und Stadtgemeinde geboten: Im Bürger:innen-Beteiligungsmodell „FAIRsorgt" wurden Möglichkeiten zur finanziellen Investition geboten. Dies wurde von den Bürger:innen gut angenommen, sodass sie nun am Betrieb der Anlage auch monetär profitieren können.

Positive Auswirkungen und Erfolge für Umwelt, Wirtschaft und Soziales

Die gegenständlichen Erneuerbaren Energieanlagen sind mit einer Nutzungsdauer von über 20 Jahren konzipiert. Durch das Investieren und Betreiben der Anlagen durch die gemeindeeigenen Stadtwerke ist ein dauerhafter Betrieb im Sinne der Bevölkerung der Thermenhauptstadt Fürstenfeld gewährleistet. Fürstenfeld gelingt u.a. durch diese Anlagen im Bereich Strom und Wärme der Ausstieg aus Öl und Gas.

Photovoltaik-Anlage und Schafe. © Stadtgemeinde Fürstenfeld

Folgende positive Auswirkungen und Erfolge in den Bereichen Umwelt, Wirtschaft und Soziales werden durch dieses Projekt erreicht:

  • Die CO2-Einsparung macht im Vergleich zu Erdgas pro Jahr über 11.000 Tonnen aus.
  • Mehr als drei Millionen Euro fließen durch die Belieferung der Anlage mit Steirischen Pellets jährlich in regionale Wertschöpfung und sichern Arbeitsplätze. Das Einsparungspotenzial im Vergleich zu den Gaspreisen ist nicht nur beachtlich, sondern bedeutet auch Unabhängigkeit vom instabilen Weltmarkt und gewähreistet damit ein Maximum an Energieversorgungssicherheit.
  • Die Partizipationsmöglichkeit durch ein Bürgerbeteiligungsmodell „FAIRsorgt" der Stadtwerke Fürstenfeld bezieht die Bevölkerung langfristig mit ein.
  • Der mittelfristige Ausstieg aus Öl und Gas in der öffentlichen thermischen und elektrischen Versorgung (bis 2030).

Weitere Bereiche wie der Ausbau der Elektromobilität, der Ausbau der Rad- und Gehwege zu den eingemeindeten Ortsteilen (bereits in Umsetzung), die Entwicklung Grüner und Blauer Zonen etc. werden mit dem Energiemasterplan zukünftig kombiniert.

Vorbild für andere Gemeinden

Die Umsetzung des Energiemasterplans kann als Referenzmodell für österreichische Kleinstädte hinsichtlich Technik, Größenordnung, Wirtschaftlichkeit und CO2-Einsparung betrachtet werden. Die Stadtgemeinde Fürstenfeld hat als Info-Hub ein Besucher:innen-Zentrum als „Energieschauplatz" geplant. Es gibt bereits mehrere Anfragen von österreichischen Städten und Gemeinden für Besichtigungen und Informationstransfer. Erste Besichtigungen haben bereits stattgefunden.

Das hat die Jury überzeugt

Das Projekt „Klimafitte Thermenhauptstadt Fürstenfeld" überzeugte die Jury durch ein umfassendes Umsetzungskonzept für regionale Biowärme und Ökostrom. Besonders hervorzuheben ist die innovative Kombination aus Biomassevergasung, die sowohl Wärme als auch Ökostrom erzeugt, sowie der strategische Einsatz von Photovoltaikanlagen und Batteriespeichern.

Der gezielte Einsatz innovativer österreichischer Technologie (Biomassevergaser), betont die hohe Innovationskraft des Projekts. Mit diesem ambitionierten Ansatz zur Dekarbonisierung strebt Fürstenfeld das Ziel der Energieautarkie bis 2030 an und nimmt damit eine Vorbildrolle für andere Kommunen ein.

Weitere Infos

Monika Auer (ÖGUT-Generalsekretärin), Franz Friedl (Stadtgemeinde Fürstenfeld), Franz Jost (Stadtwerke Fürstenfeld GmbH), Andrea Reithmayer (ÖGUT-Präsidentin), Guido Dernbauer (Österreichischer Städtebund). © Katharina Schiffl