ÖGUT-Umweltpreis 2024

Preisträger in der Kategorie "Klimaneutrale Stadt"

Umsetzungsprogramm Raus aus Gas (Magistratsdirektion der Stadt Wien - Geschäftsbereich Bauten und Technik)

„Raus aus Gas", kurz RaG, ist aktuell eines der größten Infrastruktur-Programme Wiens. Damit soll die heute größtenteils von Gas abhängige Wärmeversorgung des Wiener Gebäudebestands bis 2040 dekarbonisiert werden. Wo die Fernwärme nicht hinkommt, setzt Wien auf Wärmepumpen. Das Umsetzungsprogramm RaG schafft den Rechtsrahmen, passt Förderungen und Beratungsangebote an und zeigt mit Pilotprojekten, wie Gebäude zukunftsfit werden können. Zentrale Umsetzungspartner sind u.a. die Wien Energie, zuständig für den Ausbau der Fernwärme, und Wiener Wohnen, die ca. 95.000 Haushalte dekarbonisieren müssen.

Ziel von RaG ist es, bis 2040 die Gasabhängigkeit der Wärmeversorgung im Wiener Gebäudebestand zu überwinden. Rund 600.000 Wiener Haushalte werden aktuell noch fossil versorgt. Auch zahlreiche Nichtwohngebäude sowie die Kochmöglichkeiten von ca. 260.000 Haushalten müssen gasfrei gemacht werden.

Das Umsetzungprogramm „Raus aus Gas" ist in zwei Phasen geteilt: Im ersten Schritt (von 2022 bis 2025) werden Grundlagen wie Rechtsrahmen, Förderungen, Öffentlichkeitsarbeit, Arbeitsmarkt-Initiativen, Pilotprojekte usw. geschaffen. Im zweiten Schritt (ab 2026) beginnt darauf aufbauend und mit der Erfahrung aus Pilotprojekten der große Rollout der Wärmewende über die gesamte Stadt.

Baustelle Alliiertenviertel © Wiener Stadtwerke/Pernsteiner und Schuster

Vorbereitungen

Im Herbst 2022 wurde ein umfassendes Programm installiert, das von über 20 magistratischen Organisationseinheiten sowie verschiedenen Unternehm(ung)en der Stadt Wien getragen wird. Seither konnten bereits diverse Landesgesetze wie etwa die Wiener Bauordnung, das Feuerpolizeigesetz oder das Wiener Gasgesetz für die Wärmewende angepasst werden. Förderungen für Sanierung und Heizungstausch wurden adaptiert und deren Dotierung fast verdoppelt. Das Beratungsangebot der Stadt für Entscheidungsträger:innen wurde deutlich erhöht.

Status Quo

Der im Frühjahr 2024 veröffentlichte Wiener Wärmeplan 2040 zeigt, wo zentrale Fernwärme besteht, wo sie in den kommenden Jahren verfügbar wird und wo dezentrale Lösungen zur Dekarbonisierung forciert werden. In vier Pioniergebieten unterschiedlicher Größe wird Fernwärme bereits flächenweise ausgebaut.

Wiener Wohnen bereitet aktuell den Weg von erfolgreichen Pilotprojekten hin zum Serienbetrieb, um seine rund 95.000 noch mit Gas versorgten Gemeindebauwohnungen umzustellen. 50 dokumentierte Pilotprojekte der „100 Projekte RaG" zeigen, dass, auch wenn keine Fernwärme vorhanden ist, eine gasfreie Wärmeversorgung möglich ist und was die kritischen Erfolgsfaktoren dabei sind.

Gebäude, die bereits umgestellt sind, heizen dauerhaft mit klimafreundlichen Energietechnologien. Die angepassten Rahmenbedingungen tragen dazu bei, dass Umstellungen leichter gelingen können.

Ausblick

Heute noch fossile Anteile der Fernwärme werden bis 2040 durch emissionsfreie Quellen ersetzt. Tiefe Geothermie und Europas größte Wärmepumpe bei der Kläranlage Simmering werden beispielsweise klimafreundliche Wärme für hunderttausende Wiener Haushalte liefern. Die erste Ausbaustufe der Wärmepumpe-Simmering ist bereits in Betrieb.

Dekarbonisierung mit holistischem Ansatz

Die städtische Wärmeversorgung zu dekarbonisieren kann nur gelingen, wenn alle Akteure bestmöglich aufeinander abgestimmt sind und sich an einem gut nachvollziehbaren Konzept orientieren können. RaG ist ein zentrales Element der 3-K-Strategie der Stadt Wien. Dazu gehören: Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft & Klimawandelanpassung. Es bestehen starke Wechselwirkungen mit der Sonnenstromoffensive, mit der Kreislaufwirtschaft im Bauwesen sowie mit Sanierungs- und Stadterneuerungsinitiativen (z.B. WienNeu+, WirSanWien). RaG ist darüber hinaus eng verwoben mit dem Energiewende-Programm der Wiener Stadtwerke.

Das RaG-Programm zeigt, wie Dekarbonisierung mit einem holistischen Ansatz funktionierten kann. Der Wiener Wärmeplan gibt Orientierung, wo bis 2040 auf Fernwärme bzw. erneuerbare Energien gesetzt werden kann. Im Online-Stadtplan werden div. erneuerbare Potenziale (Geothermie, Solarenergie, Grundwaser) ausgewiesen. Beratungsangebote informieren über Sanierungsmöglichkeiten und Förderungen. Regelmäßige Abstimmungen der RaG-Hauptverantwortlichen untereinander sowie mit der Wiener Verwaltungsspitze und der Landespolitik stellen sicher, dass das Programm effizient umgesetzt werden kann.

Das hat die Jury überzeugt

Die Jury erkennt in „Raus aus Gas" eine ernsthafte und ganzheitliche Umsetzungsstrategie, die fest in politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen verankert ist. Diese Initiative schafft einen klaren Rechtsrahmen und passt Förderungen sowie Beratungsangebote an, um die Transformation der Gebäude effizient zu unterstützen.

Ein weiterer Aspekt, der für die Auszeichnung spricht, ist die hohe nationale und europäische Vorbildwirkung der Initiative. Bestimmte Elemente können auch gut auf kleinere Städte und Gemeinden übertragen werden, was das überregionale Wirkungspotenzial zusätzlich unterstreicht. Zusätzlich spielen auch FTI-Projekte beim geplanten „Roll-out" eine wichtige Rolle, indem sie einen „Proof of concept" liefern.

Weitere Infos

Stadt Wien – Raus aus Gas

Monika Auer (ÖGUT-Generalsekretärin), Thomas Kreitmayer (Magistratsdirektion Bauten und Technik, Stadt Wien), Bernhard Jarolim (Magistratsdirektion Bauten und Technik, Stadt Wien), Andrea Reithmayer (ÖGUT-Präsidentin), Christian Holzer (Leiter der Sektion „Umwelt und Kreislaufwirtschaft“, BMK). © Katharina Schiffl