ÖGUT-Umweltpreis 2024
Preisträger in der Kategorie "Mit Forschung & Innovation zur Kreislaufwirtschaft"
TimberLoop (Holzforschung Austria)
Aus Klimaschutzgründen wird seitens der Politik und Wirtschaft vor allem im Baubereich zunehmend auf Holzprodukte gesetzt. Eine nachhaltige holzbasierte Bioökonomie sollte daher die ökologischen Grenzen der Rohstoffbereitstellung anerkennen und gleichzeitig den Rohstoff so effizient, dauerhaft und oft wie möglich nutzen. Der Stand der Technik baut auf der Zerkleinerung von Altholz und Nutzung in der Holzwerkstoffindustrie bzw. als Energieträger auf. Dies stellt ein überproportionales Downcycling in der Nutzungskaskade von Holz dar. Im Projekt „TimberLoop" steht daher die Konzeption der Kreislaufführung von Bauholz als zentraler Bestandteil der holzbasierten Bioökonomie im Mittelpunkt. Holz aus Vornutzung soll im besten Fall als Massivholz in den Kreislauf integriert werden. Abfallströme sollen minimiert werden. Damit werden die Grundlagen für eine zyklische Verwendung von Holz in Bauprodukten für statisch tragende Anwendungen und kleinvolumige Holzbauprodukte geschaffen. Ein weiteres wesentliches Ziel ist die holzschutzmittelfreie Kreislaufführung, da eine Behandlung mit Holzschutzmitteln für die stoffliche und energetische Verwertung ein generelles Hindernis darstellt.
Zentrale Akteur:innen der österreichischen Holzindustrie arbeiten in „TimberLoop" vernetzt mit Pionier:innen der biobasierten Kreislaufwirtschaft an Lösungen, um Holz struktur- und werterhaltend in heimischen Stoffströmen innovativ und nachhaltig zu nutzen. Damit leistet „TimberLoop" wesentliche Beiträge zum Klima- und Ressourcenschutz und fördert, unterstützt durch ehrgeizige politische Entwicklungs- und Innovationsprogramme, neue Innovationen und Geschäftsmodelle.
Innovation für die Altholznutzung
Der Europäische Bausektor generiert jährlich etwa 60-70 Mt Holzabfälle. Altholz, also Holz, das bereits einen Verwendungszyklus durchlaufen hat, wird hauptsächlich in großen Holzheizkraftwerken verbrannt (60-95% des EU-Altholzaufkommens). Ausgehend von der Nutzungskaskade rückgeführter Holzbaustoffe bedeutet dies eine maximale Degradation. Insbesondere durch die Ansätze Upcycling, Struktur- und Werterhalt hebt sich „TimberLoop" klar vom Stand der Technik der Altholznutzung ab.
Vor diesem Hintergrund befasst sich „TimberLoop" auf technologischer Ebene damit, wie Holz aus unterschiedlichster Vornutzung mittels möglichst minimaler mechanischer Eingriffe strukturerhaltend wiederverwendet werden kann. Es werden Konzepte für den tragenden Baubereich und für nichttragende Holzbauprodukte entwickelt. Dadurch ergibt sich für die produzierenden Unternehmen zukünftig auch eine höhere Flexibilität zum Wechsel zwischen Frischholz und Holz aus Vornutzung. Durch die Entwicklung von Konzepten für die konsequente Vermeidung von Holzschutzmitteln wird die Grundlage geschaffen, dass zukünftig ein höherer Holzanteil einer Nachnutzung zugeführt wird.
Die in „TimberLoop" neu entwickelten Konzepte ermöglichen den Unternehmen einen flexibleren Rohstoffeinsatz. Dadurch kann sowohl auf politische Rahmenbedingungen als auch auf aktuelle Verfügbarkeiten und Rohstoffpreisschwankungen gezielt reagiert werden.
Konkrete Ergebnisse, die im Rahmen von „TimberLoop" erarbeitet werden
Das übergeordnete Projektziel von „TimberLoop" ist die Konzeption der Kreislaufführung von Bauholz, als zentraler Bestandteil der holzbasierten Bioökonomie. Unter anderem werden folgende Teilziele angestrebt, die als Grundlage für mittelfristige Veränderungen in der Holznutzung dienen sollen:
- Erhebung etablierter Stoffströme für bereits bestehende Holzkreisläufe,
- Identifikation der Rohstoffkenngrößen, die relevante Unterschiede zwischen Frischholz und Holz aus Vornutzung ausmachen,
- Identifikation der typischen Problemstoffe bei der Holzkreislaufführung,
- Entwicklung von technischen Konzepten für Verwertungsstrategien von rückgebauten tragenden Bauholzprodukten durch Reuse, Repair bzw. Remanufacture,
- Entwicklung von Grundlagen zum Einsatz von Altholz, sowohl aus dem tragenden wie nicht-tragenden Bereich in mehrlagig verklebten Holzprodukten,
- Entwicklung technischer Grundlagen für einen holzschutzmittelfreien Holzkreislauf von Produkten im bewitterten Bereich,
- Ökologischer und ökonomischer Vergleich der Holzkreisläufe mit den aktuellen (linearen) Systemen.
Die technischen Ziele werden durch die Schaffung eines nachhaltig transdisziplinären Netzwerkes aller Projektpartner:innen und weiterer Stakeholder ergänzt, mit dem Ziel, die Projektergebnisse effektiv in Gremien für die Gestaltung einer zukünftigen Holzkreislaufwirtschaft zu verankern. Damit soll eine signifikante Steigerung der Kreislaufführung von Holz in Österreich bis 2030 erreicht werden.
Das hat die Jury überzeugt
Die Jury war vom Projekt „TimberLoop" begeistert – insbesondere von der innovativen Wiederverwendung von Holz aus früherer Nutzung und dem wichtigen Beitrag zur Abfallminimierung sowie zur Förderung nachhaltiger Bauprodukte. Besonders überzeugt hat die klare Abbildung der gesamten Wertschöpfungskette sowie die hochwertigen R-Strategien im Baugewerbe, darunter der Verzicht auf Holzschutzmittel und die Nutzung lösbarer Verbindungen. Darüber hinaus adressiert „TimberLoop" einen relevanten Stoffstrom und bindet wesentliche Stakeholder ein, um kreislauffähige Lösungen in der Baubranche voranzutreiben. Das Projekt stellt ein umfassendes Kreislaufwirtschaftsmodell dar und bietet großes Potenzial für die Geschäftsfeldentwicklung.
Projektkonsortium
Das Projektkonsortium setzt sich aus 15 Partnerorganisationen zusammen. Die Konsortialführerin Holzforschung Austria leistet den größten Teil der laborbasierten Untersuchungen, Recherchen und Erhebungen sowie die Entwicklung von neuartigen Geschäftsmodellen und die Ausarbeitung von konkreten Handlungsempfehlungen für die Praxis. Eine Verschneidung der Aktivitäten zur zweiten FEI-Partnerin IBO besteht im Aktivitätsfeld der ökologischen Bewertung. Letzteres ist die Hauptaufgabe von IBO, während HFA die entsprechenden Primärdaten erhebt.
Projektteam
- Holzforschung Austria – Österreichische Gesellschaft für Holzforschung (Konsortialführung)
- IBO – Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie (Verein)
- ADLER-Werk Lackfabrik Johann Berghofer GmbH & Co KG
- Architekturbüro forschen planen bauen, Romm ZT
- Gaulhofer Industrie-Holding GmbH
- Ing. Georg Schuh
- KPA Katzbeck ProduktionsGmbH Austria
- Mareiner Altholz GmbH
- materialnomaden GmbH
- Rubner Holding AG
- Scheucher Holzindustrie GmbH
- Stora Enso Wood Products GmbH
- tilo GmbH
- Weitzer Wood Solutions GmbH
- WIEHAG Holding GmbH
Forschungszeitraum: September 2022 – Februar 2025
Fördergeber: „TimberLoop" wird aus Mitteln des Waldfonds, einer Initiative des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft gefördert und im Rahmen des Programms Think.Wood der Österreichischen Holzinitiative durchgeführt.
Ausblick und geplante Weiterentwicklungen
Seit Jänner 2024 läuft, unter großer Industriebeteiligung, an der Holzforschung Austria bereits ein Folgeprojekt „Grade2New". Es greift die Ergebnisse aus „TimberLoop" auf und setzt weitere Schritte, Altholz industriell, in Form von Stablamellen zu verwerten. Aufgrund der neuen EU-Bauprodukteverordnung als auch der EU-Taxonomieverordnung wird die Nachfrage nach Altholz im Baubereich steigen.