ÖGUT-Umweltpreis 2024

Sonderpreis des Magazins BUSINESSART

Die Auszeichnung mit dem Sonderpreis des renommierten Nachhaltigkeitsmagazins BUSINESSART ist dotiert mit einem Mediapaket.

GLASGrün -Regulierung von Klima, Energiebedarf und Wohlbefinden in GLASverbauten durch bautechnisch integriertes, vertikales GRÜN

(Univ.Prof. DI Dr. Rosemarie Stangl, Univ.-Ass. DI Anna Briefer, Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau, BOKU University - für das Konsortium GLASGrün)

Moderne Glasarchitektur, geprägt durch ihre Funktion als Schnittstelle zwischen Innen und Außen, erfordert zunehmend Anpassungen an energetische Anforderungen wie Wärmedämmung und Energieeffizienz. Grüne Infrastrukturen, wie etwa Vertikalbegrünungen entlang von Fassaden, sind entscheidend zur Reduktion städtischer Hitzeinseln. Besonders an südorientierten Fassaden eingesetzt bieten sie mehr Potenzial als Bäume, solare Einträge in das Gebäudeinnere zu reduzieren und den Energiehaushalt zu optimieren.

GLASGrün adressiert die Herausforderungen von Gewerbegebäuden mit großen Glasfronten durch innovative Vertikalbegrünungslösungen zur grünen Vorverschattung, um Energiekosten zu senken und das Nutzer:innenwohl zu steigern. Das Projekt unterstützt die Ziele im Rahmen des europäischen „Green Deals" und bietet standardisierte Lösungen zur nachträglichen Begrünung und Beschattung von Glasfassaden (green retrofit). Sozialwissenschaftliche Studien zur Akzeptanz und Wahrnehmung ergänzen die quantitativen Daten aus dem Monitoring zu Energieeffizienz und Mikroklima.

Glasfassaden waren bisher nur schwer begrünbar

Die Begrünbarkeit von Glasfassaden war bislang aus verschiedenen Gründen eingeschränkt oder nicht umsetzbar und im Gebäudebegrünungssektor nicht thematisiert. Selbstkletterer können die Glasflächen nicht erschließen und fassadennahe Klettersysteme bergen Risiken in Bezug auf Wartung und Schäden an Gebäudeteilen.

GLASGrün System Söll © GLASGrün

Neue Standards für die Begrünung von Gewerbegebäuden mit Glasflächen

GLASGrün bietet innovative Lösungen zur Begrünung von Glasfassaden im Gewerbesektor, wo bisherige Ansätze fehlten. Modularität und Standardisierung der Vorverschattungssysteme erleichtern die Anpassung an verschiedene Gebäudetypen. Es liegen erstmalig wissenschaftliche Daten zu pflanzenphysiologischen Parametern von vier Kletterpflanzenarten und energiehaushaltsrelevante Kennwerte wie Transmissivität und Beschattungskoeffizient vor.

GLASGrün generierte quantitative Daten zu Energie-, Temperatur- und Mikroklimahaushalt vor und nach der Intervention im Innen- und im Aussenraum. Es wurden qualitative Daten zur Wahrnehmung der Gebäudesituation vor und nach den Begrünungseingriffen und zur Sensibilisierung der Bevölkerung erhoben. Konkrete Aussagen zur Akzeptanz und zum Wohlbefinden von Mitarbeite*innen und Kund*innen liegen vor.

Als Ergebnis liegt nun ein Variantenkatalog für modulare, vertikale Vorverschattungssysteme zur Bestandsergänzung und -sanierung von großflächigen Glasfassaden an niedrig-geschossigen Gebäuden des Lebensmittelhandels und innerstädtischen erdgeschossigen Gewerbeflächen vor, die auch im Neubau umgesetzt werden können.

Erstes GLASGrün-Demoobjekt an der Fassade des MPREIS´ in Söll

Der Filiale in Söll wurde ein Laubengang in Anlehnung an ursprüngliche Formen über die gesamte horizontale Erschließungssachse vorgesetzt. Damit entstand eine neue räumliche Definition, die in dieser Art nur Dank der Glasfassade erfahr- und ergehbar ist. Der Aufenthaltsbereich wirkt wesentlich größer, insbesondere im Sommer, da der vorgesetzte Sonnenschutz der Glasfront deaktiviert bleiben kann. Diese spürbare Erweiterung tut dem in Längsachse orientiertem Gastbereich gut. Die Pflanzenstruktur wird Teil des Baukörpers und durch seine saisonale Veränderung ist hier ein Gebäude entstanden, welches sich im Wechsel der Jahreszeiten präsentiert.

Wirtschaftliche und soziale Effekte

GLASGrün bietet einen hohen wirtschaftlichen Mehrwert durch die Entwicklung transferierbarer Standardkonzepte und -varianten für Bauwerksbegrünungen. Das Projekt ist ein Leuchtturm in der Bestandsbegrünung und treibt innovative Konzepte voran, die den Markt neu beleben werden. Die Ergebnisse sind relevant für alle Gewerke entlang der Bauwertschöpfungskette und bieten besonders durch interdisziplinäre Planung und Schnittstellenmanagement einen Mehr- wert.

Die GLASGrün-Systeme erhöhen die Aufenthaltsqualität in Gebäuden mit großflächigen Glasfronten, im Gewerbebereich bedeutet dies insbesondere eine Aufwertung des Arbeits-platzes. Es gelingt die Erhöhung des Raumkomforts durch die gezielte Steuerung und Reduktion der eintreffenden Strahlung sowie durch die optische Aufwertung durch die Pflanzenstrukturen und deren Licht-Schatteneffekte.

So soll es weitergehen

Das Potenzial der vorgeschlagenen Begrünung liegt v.a. in der Sichtbarkeit an häufig besuchten und präsenten Standorten. Kund:innen und Passant:innen können Ästhetik und wohltuende Wirkung direkt erleben und mittels Informationstafeln Details zu Benefits, Kosten und Anleitungen erfahren. Die Kooperation mit Unternehmen, die als First Mover vor allem an Umsetzung orientiert sind, erhöht die Chance auf weitere Verbreitung und Multiplizierbarkeit.

Die Leitfäden von GLASGrün zu konstruktiven Lösungen, Einreichprozessen und Pflege- und Erhaltungsmanagementpläne für die in Frage kommenden Systeme und für die getesteten vertikalen Grünvarianten, sind skalierbar. Sie bilden eine ökonomische Grundlage für künftige Adaptierungen weiterer Gebäude sowie für deren Erhaltung. Die Demo-Objekte werden durch die Partner MPREIS und tb Obkircher weiterhin in Betrieb gehalten.

Projektkonsortium

  • BOKU-IBLB Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau, BOKU University: Kernkompetenzen zur Vegetationstechnik, Ingenieurbiologie und nachhaltigen Landschaftsbautechnik; Frontrunner in der Gebäudebegrünung
  • BOKU-SEC Institut für Soziale Ökologie, BOKU University: Interdisziplinäre Kooperation von naturund sozialwissenschaftlichen Disziplinen bei der Erforschung der Gesellschafts-Natur-Interaktion
  • IBO Institut für Bauen und Ökologie GmbH: Technisches Büro für technische Physik mit den Themenschwerpunkten Materialökologie, Bauphysik, Gebäudebewertung, Behaglichkeit undMonitoring; im Bereich der Bauökologie unter den europaweit führenden Organisationen
  • GSG GRÜNSTATTGRAU Forschungs- und Innovations GmbH: nicht wirtschaftlich orientierte GmbH: erstes Innovationslabor des Programms Stadt der Zukunft „GRÜNSTATTGRAU" für die grüne Stadt, Netzwerkplattform und Kompetenzstelle für Innovationen im Bauwerksbegrünungssektor und die Umsetzung grüner Gebäude und Quartiere.
  • RATAPLAN-ARCHITEKTUR ZT GMBH: Schwerpunkte Bauen im Bestand, Denkmalschutz, Fassadenbegrünung
  • lichtblauwagner architekten generalplaner ztgmbh: Dienstleistende Architekten, Entwicklung, Finanzierung und Realisierung selbstinitiierter Projekte
  • MPREIS Warenvertriebs GmbH: Standort des ersten GLASGrün Demo-Objekts in Söll (Tirol).
  • TB Obkircher GmbH: Standort des zweiten GLASGrün-Demo-Objekts in der Kreuzgasse in Wien.

Weitere Infos

Beiträge über das Projekt GLASGrün:

Monika Auer (ÖGUT-Generalsekretärin), Michaela Reisinger (Chefredakteurin LebensArt), Anna Briefer (Universität für Bodenkultur Wien – BOKU), Rosemarie Stangl (Universität für Bodenkultur Wien – BOKU), Roswitha Reisinger (Herausgeberin BusinessArt), Andrea Reithmayer (ÖGUT-Präsidentin). © Katharina Schiffl