ÖGUT-Umweltpreis 2021

Preisträger in der Kategorie "Innovation und Stadt"

Die höhere Nutzungs- und Infrastrukturdichte in Städten birgt das Potenzial für eine sektorübergreifende Integration der Bereiche Energie, Verkehr, Gebäude, Wirtschaft und Landwirtschaft. In dieser Kategorie stehen Projekte im Zentrum, die es sich zum Ziel gesetzt haben, Prozesse zur Berücksichtigung energie- und klimaschutzbezogener Inhalte in der Raumplanung zu etablieren und rechtsverbindliche Instrumente in der Umsetzung zu schaffen. (Foto: BMK)

Visualisierung Zukunftsquartier 2.0
Visualisierung Zukunftsquartier 2.0. © ZOOM VP

Projektkonsortium „Zukunftsquartier 2.0"

Das erste urbane Plus-Energie-Quartier Österreichs - Pilzgasse 33 (PEQ21)

In den letzten Jahren wurden die nationalen wie auch städtischen Klima- und Energieziele stark angezogen: Wien soll bereits 2040 klimaneutral sein. Die zur Dekarbonisierung des Energiesystems notwendige Zunahme an dezentral erzeugter, zum Teil volatiler, erneuerbarer Energie einerseits, sowie Verbrauchsspitzen (z.B. durch E-Mobilität, Heizungsspitzen) andererseits stellen aber nicht zuletzt öffentliche Netze vor große Herausforderungen. Plus-Energie-Quartiere können im dichten urbanen Gebiet zu einer Netzentlastung beitragen, indem sie einerseits Energieaufbringungspotenziale vor Ort ausschöpfen und andererseits an den lokalen Verbrauch (mittels Demand Side Management und Speicher) anpassen. Darüber hinaus können derartige Quartiere auch Flexibilitäten für das öffentliche Netz bereitstellen.

Das erste urbane Plus-Energie-Quartier Österreichs, das „PEQ21", wird ab Sommer 2022 in der Pilzgasse 33 in 1210 Wien realisiert. Das Neubauprojekt mit einer Nutzfläche von ca. 26.500 m² zeichnet sich durch eine hohe Vor-Ort Erzeugung und effiziente Nutzung erneuerbarer Energien aus. Im Fokus steht die optimierte Verzahnung von Wohn- und Gewerbeflächen innerhalb des Quartiers sowie die Vernetzung mit dem übergeordneten Energiesystem der Stadt. Ziel ist die Umsetzung einer klimapositiven Energiebilanz für ein Bauvorhaben im dichten urbanen Kontext. Das Energiekonzept des Plus-Energie-Quartiers basiert auf einer hocheffizienten Gebäudehülle, Bauteilaktivierung in Verbindung mit einem komplexen Wärmepumpensystem und einem Erdsondenfeld mit ca. 90 Bohrungen à 150 m, über das nicht nur Wärme, sondern auch Kälte bereitgestellt wird, sowie einem klug durchdachten Lüftungskonzept, das die Dachflächen frei für Sonnenenergienutzung hält. Herzstück des Quartiers ist nicht zuletzt eine PV-Anlage am Dach und an der Fassade, die mit einer geplanten PV-Leistung von insgesamt rund 650 kWpeak (ca. 2 kWp/100 m² BGF) dem dreifachen der Verpflichtung laut Wiener Bauordnung entspricht.

Mit dem Plus-Energie-Quartier wird im Gegensatz zum Plus-Energie-Gebäude ein gesamtheitlicherer Ansatz verfolgt. Das einzelne Quartier wird nicht losgelöst, sondern als Teil eines Gesamtenergiesystems betrachtet. Vor diesem Hintergrund wird gemeinsam mit dem PEQ21 auch eine lokale Regelungsstrategie entwickelt, um die Interaktion mit dem Gesamtnetz bzw. -system zu ermöglichen.

Mit dem Projekt PEQ21 soll gezeigt werden, dass die Umsetzung eines Plus-Energie-Quartiers im urbanen Kontext grundsätzlich ökonomisch und ökologisch machbar und auch replizierbar ist, und dass ein Zusammendenken und -planen von Klimaschutz, Wohnen und Arbeiten wertvolle Synergien und Vorteile sowohl für ein Quartier, aber auch für die städtische Energieversorgung schaffen kann. Ziel ist, dass neue (Plus-Energie-)Quartiere nicht zu einer weiteren Belastung der Energieinfrastruktur werden, sondern dazu beitragen, das Fernwärme- und Stromnetz zu entlasten.

Das Projekt in der Pilzgasse befindet sich aktuell in der Baueinreichung. Geplanter Start der zweijährigen Bauphase ist im Sommer 2022. Mit Inbetriebnahme folgt dann eine mindestens einjährige, ebenso wissenschaftlich begleitete Monitoringphase.

v.l.n.r.: Monika Auer (ÖGUT-Generalsekretärin), Henriette Spyra (BMK), Petra Schöfmann (Urban Innovation Vienna GmbH), Manfred Wachtler (SÜBA AG), Andrea Reithmayer (ÖGUT-Präsidentin). © Katharina Schiffl