ÖGUT-Umweltpreis 2025

Nominiert in der Kategorie "Klimaneutrale Stadt"

Schöberl & Pöll GmbH, Blue Danube Immobilien GmbH, Trimmel Wall Architekten ZTGmbH, Strebelwerk GmbH und GRÜNSTATTGRAU Forschungs- und Innovations- GmbH für

„Innovative Gebäudesanierung Kauergasse 2: Grauwasserverwertung und Passivhausstandard im historischen Bestand"

© Schöberl & Pöll GmbH

Zum dritten Mal in Österreich wurde ein stark sanierungsbedürftiges Gründerzeithaus nach EnerPHit-Standard (Passivhaussanierung) saniert. Das Projekt ist ein bedeutendes Vorzeigeprojekt für „Raus aus Gas" und für Strategien des urbanen Wassermanagements: Die getrennte Abwasserleitungsführung ermöglicht eine zentrale Wärmerückgewinnung aus Grauwasser. Dadurch kann 100% des Warmwasserbedarfs abdeckt werden. Zusätzlich wird das gereinigte Grauwasser für die gebäudeeigene Begrünung und WC-Spülung wiederverwendet.

Passivhaus-Sanierungen als wichtiger Beitrag zur Erreichung der Klimaneutralität im Gebäudestand

Im Zeichen der zunehmend verstärkten Effekte durch den Klimawandel und der volatilen Energiepreise müssen Sanierungen des Gebäudebestands vorangetrieben werden. Die EU-Taxonomie sowie die beschlossene EU-Gebäuderichtlinie zeigen den künftigen Weg der Entwicklungen auf, welcher eng mit der dringenden Energieeffizienz-Steigerung des Gebäudebestands verbunden ist. Die Dekarbonisierung des urbanen Gebäudebestands ist daher ein zentrales Element zur Erreichung der Klimaneutralität in Städten. Bevor eine Heizungsumstellung auf erneuerbare Energieträger umgesetzt wird, ist die energieeffiziente Sanierung essenziell. EnerPHit-Sanierungen (Passivhaussanierung) stellen eine bedeutende Grundlage zur Bewältigung dieser Probleme dar.

Obwohl es in Wien etwa 32.000 so genannte Gründerzeithäuser bzw. Häuser, die vor 1919 gebaut wurden, gibt ist das vorliegende Projekt laut Passivhaus-Projektdatenbank in Österreich erst das dritte Gründerzeithaus, das nach EnerPHit-Standard saniert wurde.

Rückgewinnung von Wärme aus gebäudeeigenem Grauwasser

Bei Neubau und energieeffizienten Sanierungen ist das Verhältnis des Wärmebedarfs ca. 50 % für Raumwärme und ca. 50 % für die Warmwasserbereitung. Da der Heizwärmebedarf aufgrund der gesetzlichen Vorgaben reduziert wurde, gewinnt die Warmwasserbereitung an Bedeutung für die weitere Steigerung der Energieeffizienz.

Die Sanierung des Gründerzeithauses (Baujahr 1895) in der Wiener Kauergasse zeigt, dass zentrale Wärmepumpensysteme zur Rückgewinnung von Wärme aus gebäudeeigenem Grauwasser – also gering verschmutztem, fäkalienfreiem Abwasser aus Duschen oder Waschmaschinen – den gesamten Warmwasserbedarf eines Gebäudes decken können. Ein zentraler Aspekt war dabei auch der Umstieg auf ein erneuerbares Heizsystem, das künftig eine umweltfreundliche und nachhaltige Beheizung der Räumlichkeiten sicherstellt.

Details der Sanierung

Die Sanierung erfolgte über eine geförderte Sockelsanierung der Stadt Wien. Im Zuge dessen wurde das Gebäude um zwei Dachgeschosse in Holzbauweise erweitert.

  • Grauwasserverwertung: Die Grauwasserverwertungsanlage der Firma Strebelwerk GmbH ist eine österreichweit einzigartige Lösung im mehrgeschossigen Wohnbau. Die Wärmegewinnung für Warmwasser erfolgt dabei über Wärmetauscher, die Kühlung der gewerblichen Erdgeschoßzone über Fußbodenheizung. Das mechanisch und biologisch gereinigte Grauwasser wird für WC-Spülung und Begrünungsbewässerung eingesetzt.
  • Begrünung: An den straßenseitigen Balkonen kam ein modulares, wandgebundenes Fassadenbegrünungssystem zum Einsatz, sowie Begrünungsmodule an der Straßenfassade und Dachgärten im Innenhof.
  • Raumheizung: Die dezentralen Gasthermen wurden durch zentrale Fernwärme-Versorgung ersetzt, die Wärmeverteilung erfolgt über Fußbodenheizungen.
  • Mehr Licht und höhere Aufenthaltsqualität durch begrünte Freiflächen, größere Fenster und geöffnete Hoftrakte
  • Dezentrale Lüftungsanlagen mit einer Wärmerückgewinnung wurden eingebaut.
  • PV-Anlage am Dach: Für die PV-Anlage wurde die gesamte Dachfläche genutzt. Die Module wurden auf einer rückbaubaren Stahlkonstruktion im Kiesbett montiert – statisch einfach, wartungsarm und kosteneffizient.

Die Sanierung erfolgte im bewohnten Zustand, alle Bewohner:innen wurden während der Sanierung in einem Wohnhaus in der Nachbarschaft untergebracht und zogen nach der Sanierung wieder ein.

Nachhaltige Nutzung von Ressourcen durch den Einsatz der Grauwasseranlage

Die Grauwasseranlage in der Wiener Kauergasse 2 setzt neue Maßstäbe in der Kreislaufwirtschaft und im Umweltschutz. Durch die effiziente Aufbereitung von Grauwasser wird wertvolle Wärme zurückgewonnen. Dies reduziert nicht nur den Wasserverbrauch erheblich, sondern verringert auch den CO2-Fußabdruck von Gebäuden. Das Grauwassersystem fördert eine nachhaltige Nutzung von Ressourcen und leistet einen wichtigen Beitrag zur Erreichung von Klimazielen und Kreislaufwirtschaft.

Das Projekt wurde im April 2024 fertiggestellt und ist eines der Vorzeigeprojekte im Rahmen der Initiative „100 Projekte Raus aus Gas" der Stadt Wien.

Das hat die Jury überzeugt

„Die Sanierung eines Gründerzeithauses nach zertifiziertem Passivhaus Standard zeigt eindrucksvoll, wie historische Bausubstanz auf höchstem energetischem Niveau erhalten werden kann. Besonders innovativ ist die Wärmerückgewinnung aus Grauwasser und der Lüftung. Die Realisierbarkeit dieses Projektes macht es zu einem wertvollen Modell für weitere Gebäude im städtischen Raum und betont, wie wichtig Sanierung als Schlüssel für die klimaneutrale Stadtentwicklung ist", so die Jury in ihrer Begründung.

Projektkonsortium

  • Blue Danube Immobilien GmbH - Bauherrin,
  • Schöberl & Pöll GmbH - Konsortialführung, Bauphysik, Fördermanagement, Passivhausberatung,
  • Strebelwerk GmbH - Grauwasserverwertung,
  • Trimmel Wall Architekten ZT GmbH - Architektur,
  • GRÜNSTATTGRAU - Forschungs- und Innovations-GmbH

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Monika Auer (ÖGUT-Generalsekretärin), Robert Hammerl (Hammerl Immobilien Management GmbH), Helmut Schöberl (Schöberl & Pöll GmbH), Kathrin Renz (BMIMI). © Katharina Schiffl