ÖGUT-Umweltpreis 2025

Nominiert in der Kategorie "Mit FTI zur Kreislaufwirtschaft"

Polymer Competence Center Leoben GmbH und ISOVOLTA AG für 

„CircularEpoxy - Neue Wege zur wirtschaftlichen Fertigung kreislauffähiger faserverstärkter Verbundmaterialien für die Luftfahrtindustrie"

© PCCL

Im Projekt CircularEpoxy wird eine neue Generation kreislauffähiger Verbundmaterialien für die Luftfahrtindustrie entwickelt. Durch ein ausgeklügeltes Materialdesign werden die neuen, dynamische Polymerwerkstoffe den strikten Anforderungen der Luftfahrtindustrie gerecht. Das neue Materiealdesign ermöglicht außerdem die wirtschaftliche Fertigung von Verbundbauteilen (Einsatz großtechnisch verfügbarer Chemikalien).

Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft für die Luftfahrt

Die Luftfahrtindustrie steht vor der Aufgabe, den Herausforderungen des europäischen Green Deals, der auf eine Klimaneutralität bis 2050 abzielt, gerecht zu werden.

Bisher waren vor allem im Hinblick die Kreislauffähigkeit der Bauteile die Zusammensetzung aus unterschiedlichen Materialien (u.a. Polymere, Füllstoffe, Metalle) sowie die Reparatur, Instandsetzung und Recycling von Verbundmaterialien besonders schwierig, da die eingesetzen Matrixpolymere aufgrund ihrer Netzwerkstruktur weder gelöst, aufgeschmolzen noch umgeformt werden können.

Interieur-Bauteile werden daher aus Kostengründen häufig nicht adäquat sortiert - etwa 15% der Luftfahrtbauteile, die aktuell deponiert werden, stammen von Kabinenbauteilen.

Es besteht daher ein enormer Bedarf an neuen kreislauffähigen Verbundmaterialien, die nicht nur wiederverwertet werden können sondern auch reparierbar sind um ihre Lebensdauer zu erhöhen.

Ausweg: neue Harze – nicht nur für die Luftfahrtindustrie

Die Werkstoffentwicklung in CircularEpoxy beruht auf kommerziell verfügbaren Epoxidharzen, die mit dynamisch austauschbaren chemischen Gruppen ausgerüstet werden. Durch eine thermische Aktivierung dieser Gruppen wird ein viskoelastisches Fließen des Materials erreicht ohne dass sich die durchschnittliche Vernetzungsdichte ändert. Als eine neuartige Materialklasse vereinen diese dynamischen Polymerwerkstoffe damit die Eigenschaften von klassischen Thermosets (die auf Grund ihrer kovalenten Netzwerkstruktur weder repariert, umgeformt noch wiederverwertet werden können) mit den Verarbeitungseigenschaften von Thermoplasten (bspw. Organoblechen).

Die gezielte Steuerung der physikalischen Eigenschaften wird in weiterer Folge für die Montage, Produktion, Reparatur oder Wiederverwertung der Materialien (u.a. einfache Trennung von Füllstoffen und Polymermatrix) genutzt.

Die im Projekt CircularEpoxy entwickelten Verbundmaterialien zeichnen sich aus durch

  • eine einzigartige Möglichkeit für Instandhaltung und Recycling von Interieur-Bauteilen,
  • eine erhöhte Lebensdauer (Reparierfähigkeit),
  • effizientere Produktionsmethoden (Wärmeumformbarkeit von Halbzeugen),
  • einen energiesparenden Vertrieb (ungekühlter Transport),
  • eine einstellbare Passgenauigkeit (Montage vor Ort) sowie
  • eine hohe mechanische Belastbarkeit und Brandbeständigkeit.

Die vielseitige Anwendbarkeit der in CircularEpoxy entwickelten Werkstoffe geht jedoch über den Luftfahrtsektor hinaus, da sie einen bedeutenden Durchbruch in der wirtschaftlichen Herstellung von kreislauffähigen Verbundmaterialien darstellen. Die neuen Werkstoffe legen den Grundstein für die Fertigung von kreislauffähigen Produktion aus Verbundmaterialien, der für unterschiedlichste Industriezweige (u.a. Windkraftanlagen, Automotiv, Sportindustrie) in Österreich einen Innovations-, Technologie- und Marktvorsprung bedeuten kann.

Konkrete Ergebnisse und geplante Weiterentwicklungen

Durch Anpassung der Harzzusammensetzung und Netzwerkstruktur wurden steife Verbundwerkstoffe mit einer Glasübergangstemperatur > 180°C erhalten, die bei Temperaturen > 200°C umgeformt (analog zu Organoblechen), repariert und mechanisch rezykliert werden können.

Darüber hinaus wurde auch die Verschweißbarkeit dieser neuartigen Werkstoffe sowie deren chemischen Wiederverwertung demonstriert. Die Materialien zeichnen sich durch eine geringe Wasseraufnahme von < 2% und eine hohe Brandbeständigkeit aus. Sie können mit konventionellen Produktionsprozessen der Industrie hergestellt und weiterverarbeitet werden.

Aktuell treibt der Projektpartner Isovolta die Markteinführung des neu entwickelten Werkstoffs voran und führt abschließende Optimierungen an der Harzformulierung und den Fertigungslinien durch.

CircularEpoxy ist ein noch laufendes gefördertes FFG Projekt (Kreislaufwirtschaft und Produktionstechnologie, national 2024). In einem zweiten Projekt (im Rahmen der FFG geförderten COMET K1Förderschiene) wird am Ersatz der Erdölbasierten Harzkomponenten durch biobasierte (ökologisch nachhaltige) Alternativen gearbeitet, um Kreislauffähigkeit und nachwachsende Rohstoffen in einem nachhaltigen Werkstoff für die zukünftige Flugzeugindustrie zu vereinen.

Wirtschaftliches Potenzial

Das wirtschaftliche Potenzial und die globale Wettbewerbsfähigkeit der neu entwickelten Werkstoffe beruhen auf fünf wesentlichen Säulen:

  • Erhöhte Kreislauffähigkeit: Mit den neuen Harzen gelingt es erstmals Verbundmaterialien wirtschaftlich herzustellen, die einem (mechanischen, chemischen) Recycling zugeführt werden können
  • Energieeffizientere Produktion: Die thermisch kontrollierte Änderung der Viskosität ermöglicht die Fertigung von ausgehärteten Halbzeugen, die in kurzen Prozesszeiten (< 300 s) umgeformt werden können.
  • Neue Funktionalität: Die dynamische Natur der kovalenten Bindungen lässt auch ein Verschweißen der ausgehärteten Verbundmaterialien zu.
  • Energieeffizienterer Vertrieb: Die Materialien werden vor dem Transport vollständig ausgehärtet
  • Wirtschaftliche Fertigung: Die Auswahl der Harzkomponenten ermöglicht die Fertigung von marktfähigen Verbundmaterialien, die in den Herstellungskosten konkurrenzfähig zu aktuellen (nicht kreislauffähigen Produkten) sind.

Das hat die Jury überzeugt

„Das Projekt CircularEpoxy entwickelt eine neue Generation kreislauffähiger Verbundmaterialen für die Luftfahrtindustrie und kombiniert dabei innovative Werkstoffe mit durchdachtem Design. Faserverstärke Verbundstoffe stellen bislang eine große Herausforderung im Recycling dar, und genau da setzt das Projekt an. Die neu entwickelten Materialien erhöhen sowohl die Recyclingfähigkeit als euch die Reparaturfähigkeit und finden sich in einem breiten Einsatzspektrum etwa in der Windkraft-, Automotiv-, als auch der Sportindustrie", so die Jury in ihrer Begründung.

Projektkonsortium

Das Polymer Competence Center Leoben GmbH als wissenschaftlicher Partner unter Leitung von Frau Dr. S. Schlögl ist für die Entwicklung, Chemie, Charakterisierung und Optimierung der dynamischen Harzformulierung verantwortlich. Isovolta AG als Industriepartner mit Herrn Dr. P. Wagner als Projektkoordinator beschäftigte sich mit der Fertigung (Labor- und Technikumsmaßstab), der Charakterisierung der faserverstärkten Verbundmaterialien sowie deren Umformbarkeit, Wiederverwertbarkeit und Reparierfähigkeit. Zusätzlich wurden Stakeholder (u.a. Airbus) eingebunden um das Potential der Werkstoffe in neuen Marktsegmenten zu bewerten.

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Monika Auer (ÖGUT-Generalsekretärin), Sandra Schlögl (Polymer Competence Center Leoben GmbH), Peter Wagner (ISOVOLTA AG), Kathrin Renz (BMIMI). © Katharina Schiffl