ÖGUT-Umweltpreis 2022

Nominiert in der Kategorie "Partizipation und zivilgesellschaftliches Engagement"

Die derzeitigen Krisen, und insbesondere die Klimakrise, stellen hohe Anforderungen an die Demokratie. Um diese zu bewältigen, braucht es – neben technologischen und wirtschaftlichen Lösungen - auch Beteiligung „von oben" sowie Partizipation „von unten". Der ÖGUT-Umweltpreis zielt in beide Richtungen: es werden herausragende Partizipationsprojekte sowie zivilgesellschaftliche Initiativen ausgezeichnet, in denen öffentliche Anliegen in innovativer und vorbildhafter Weise verhandelt und umgesetzt wurden.

© Hertha Hurnaus

Wohnprojekt Die Auenweide

Der Wunsch nach gemeinschaftlichem Wohnen und ein Baugrund mit Baumbestand in St. Andrä-Wördern standen am Beginn des Wohnprojekts „Auenweide", in dem seit Juni 2022 etwa 75 Menschen erproben, wie sie möglichst ressourcenschonend und leistbar in Gemeinschaft leben können.

Zusammen mit einszueins architektur formulierte das Gründer:innen-Team zu Beginn Ziele, die die Basis für alles weitere bildeten: Der Wohnraum sollte leistbar und offen und in ökologischer Bauweise sein – mit minimaler Bodenversiegelung und maximaler Erhaltung des Baumbestands.

Soziokratisch organisiert

Um Entscheidungen gemeinschaftlich, effizient und zielgerichtet zu treffen, organisiert sich die Gruppe soziokratisch. Das Spektrum reichte dabei von Großgruppen-Workshops und Arbeitskreis-Treffen bis hin zur individuellen Planung der Wohneinheiten. Bautechnische und architektonische Entscheidungen wurden in Zusammenarbeit mit einszueins architektur getroffen.

Finanzierung über Vermögenspool

Anstelle des individuellen Eigentums von Wohnungsbesitzer:innen steht beim Wohnprojekt „Augenweide" das kollektive Eigentum des eigens gegründeten Vereins „Wohnprojekt Wördern". Als alternatives, gemeinschaftliches Finanzierungsmodell wurde der Vermögenspool gewählt, ein solidarischer Vermögenskreislauf, bei dem Menschen, die ein sinnvolles, innovatives Projekt realisieren möchten, denen aber das nötige Kapital fehlt, auf Menschen treffen, die ihr vorhandenes Geld vorübergehend zur Verfügung stellen können. Am Vermögenspool sind weit mehr Personen als die Bewohner:innen der Auenweide beteiligt: Rund 200 Anleger:innen sind mit 6 Millonen Euro beteiligt.

Hoher ökologischer Standard

Der Baumbestand konnte durch die kompakte Positionierung der Gebäude erhalten bleiben. Durch die dichte Bebauung konnte auch die Bodenversiegelung minimiert werden. Die Wege der Auenweide sind mit wassergebundener Sandschichte gestaltet und nicht versiegelt, Regenwasser versickert offen in einer begrünten Geländemulde. Die Niedrigstenergiehäuser wurden als ressourcenschonender Holzständerbau mit Dämmung aus Einblasstroh und Recycling-Jute realisiert. Im Innenraum wurden die Außenwände mit Lehmbauplatten und Lehmfeinputz von den Bewohner:innen selbst beplankt. Als erneuerbare Energiequellen werden PV-Anlagen, Grundwasserwärmepumpen mit projeteigenem Niedrigenergie-Nahwärmenetz genutzt.

© Die Auenweide

Das Wohnprojekt „Auenweide" bildet den Rahmen für weitere Aktivitäten des Vereins „Wohnprojekt Wördern": Das reicht etwa im alltäglichen Leben von Mobilitätssharing oder der gemeinschaftlichen Pflege aller Freiflächen bis hin zur kontinuierlichen Information für Anleger:innen des Vermögenspools und der intensiven Öffentlichkeitsarbeit zur Bewusstseinsbildung, etwa bei politischen Entscheidungsträger:innen im Ort.

Die Jury betonte neben der partizipativen Planung in der Begründung auch das innovative, gemeinsame Finanzierungsmodell „Vermögenspool", der Menschen die Teilhabe ermöglicht, die ein sinnvolles, innovatives Projekt realisieren möchten aber nicht über das nötige Kapital verfügen.

www.auenweide.at

v.l.n.r.: Monika Auer (ÖGUT-Generalsekretärin), Peter Iwaniewicz (BMK), Martin Bruckner (Einszueins architektur ZT GmbH), Nadia Mürwald (Vereinsobfrau
v.l.n.r.: Monika Auer (ÖGUT-Generalsekretärin), Peter Iwaniewicz (BMK), Martin Bruckner (Verein Wohnprojekt Wördern), Nadia Mürwald (Vereinsobfrau "Wohnprojekt Wördern", David Kraler (einszueins architektur), Andrea Reithmayer (ÖGUT-Präsidentin). © Katharina Schiffl