ÖGUT-Umweltpreis 2022

Preisträger in der Kategorie "Mit Forschung & Innovation zur Kreislaufwirtschaft"

Das lineare Wirtschaftsmodell ist nicht zukunftsfähig. Klimakrise und Ressourcenverknappung zeigen das deutlich auf. Die Umwandlung linearer Wertschöpfungsketten zu Kreisläufen bedeutet eine enorme Herausforderung für Unternehmen. Produktentwicklungen und systemische Innovationen mit dem Ziel der Verringerung des Energie- und Ressourceneinsatzes sind daher auch zentrales Thema für die Forschung und stehen im Zentrum dieser Kategorie.

SusBind – Development and pilot production of SUStainable bio-BINDer systems for wood based panels (Kompetenzzentrum Holz GmbH)

Spanplatten und MDF-Platten machen über 20% der in Europa produzierten Holzwerkstoffe aus. Sie werden aus Holzabfällen durch Bindung von Holzspänen oder Fasern mit einem synthetischen Bindemittel, meist fossile Harnstoff-Formaldehyd-Klebstoffe, hergestellt. Die Reklassifizierung von Formaldehyd als Kanzerogen 1B stellt die Holzindustrie demnach vor große Herausforderungen. Bisher waren die Versuche, nachhaltige Alternativen herzustellen, die im industriellen Maßstab mit etablierten Systemen konkurrieren können, nicht erfolgreich. Im Projekt SUSBIND wurde ein bio-basierter Fructose-HMF-BHT-Klebstoff für Möbelspanplatten entwickelt, der das herkömmliche formaldehydbasiertes Bindemittel ersetzen kann.

Der im Projekt SUSBIND entwickelte Klebstoff erfüllt die Anforderungen für den Einsatz in Holzwerkstoffen, die Technologie wurde in industrierelevanter Umgebung geprüft. Einer der Erfolgsfaktoren ist dabei der vom Projektkonsortium entwickelte In-Situ-Prozess für die Klebstoffherstellung, der auf die vorhandene Infrastruktur der Bindemittel- und Holzwerkstoffhersteller angepasst ist. Produzenten müssen daher nicht auf eine neue Infrastruktur umsteigen. Im Gegensatz zu bisherigen kohlehydratbasierten Klebstoffen können SUSBIND Spanplatten auch bei niedrigen Prozesszeiten von 10s/mm hergestellt werden. In einer Versuchsserie hat IKEA die hergestellten SUSBIND Platten für die Möbelprototypen „SUSKET" verwendet. In diesem Stadium der Entwicklung stellen Preis, Verfügbarkeit und CO2-Fußabdruck von fossilen Komponenten die Hauptunsicherheiten für eine erfolgreiche Markteinführung dar.

Der im Projekt SUSBIND hergestellte Klebstoff leistet wesentliche Beiträge zu Innovation und Nachhaltigkeit, wie etwa:

  • Das Bindemittel besteht aus bis zu 85% nachwachsenden Rohstoffen. Zusammen mit den Holzspänen ergibt das einen Anteil an nachwachsenden Rohstoffen in der finalen Produktion von 95%.
  • Die Bindemittelkosten machen einen erheblichen Teil der Gesamtkosten der Holzwerkstoffe aus. Der bio-basierte, formaldehydfreie Klebstoff kann derzeit preislich nicht mit den herkömmlichen Klebstoffen mithalten. Eine Umfrage unter Verbraucher:innen ergab allerdings, dass mehr als die Hälfte der Verbraucher:innen bereit ist, für nachhaltige, gesundheitlich unbedenkliche Produkte ohne Formaldehyd mehr zu bezahlen.
  • Die erwarteten Auswirklungen der kombinierten Emissionen der produzierten SUSBIND Platten auf die menschliche Gesundheit sind um bis zu 45-55% geringer als bei herkömmlichen formadehydhaltigen Systemen.

Insbesondere die gute industrielle Einsatzbarkeit und Integration in laufende Prozesse sowie die relevanten Produktionsmengen konnten die Jury überzeugen. In der Diskussion wurde hervorgehoben, dass bereits wichtige Kooperationen mit am Markt etablierten Unternehmen und Anwender:innen bestehen. Damit leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Bioökonomie, Green Chemistry und zu einer risikominimierten Kreislaufwirtschaft.

SUSBIND deckt die gesamte Wertschöpfungskette von Rohstoffen bis zur Pilotproduktion und Validierung durch relevante Partner aus Forschung, Industrie und KMU ab. Dem Projektgremium gehören auch führende Möbelhersteller und Einzelhändler an.

v.l.n.r.: Monika Auer (ÖGUT-Generalsekretärin), Catherine Rosenfeld, Wilfried Sailer-Kronlachner, Erik van Herwijnen, (Kompetenzzentrum Holz GmbH), Andrea Reithmayer (ÖGUT-Präsidentin), Henriette Spyra (BMK). © Katharina Schiffl
v.l.n.r.: Monika Auer (ÖGUT-Generalsekretärin), Catherine Rosenfeld, Wilfried Sailer-Kronlachner, Erik van Herwijnen, (Kompetenzzentrum Holz GmbH), Andrea Reithmayer (ÖGUT-Präsidentin), Henriette Spyra (BMK). © Katharina Schiffl