JAspern, pos-architekten, (c) Markus Kaiser, Graz

Projekt

Szenario WAM plus klimaaktiv bauen und sanieren

Inhalt und Ziele

Aufbauend auf dem ambitionierten WAM-plus Szenario der „Energiewirtschaftlichen Szenarien im Hinblick auf die Klimaziele 2030 und 2050“ wurde modellbasiert analysiert, welchen Beitrag die klimaaktiv Gebäudestandards und deren Forcierung zu einer österreichischen Low-Carbon Entwicklung leisten könnten.

Hierzu wurden die bestehenden Erfahrungen des Programms „klimaaktiv bauen und sanieren" und Daten zu den deklarierten klimaaktiv Gebäuden sowie die daraus ableitbaren Annahmen für zum Beispiel Raumtemperatur, Warmwasserbedarf und Gebäudekompaktheit der unterschiedlichen Gebäudetypen berücksichtigt.

Darüber hinaus wurden anhand von historischen Daten und zu erwartenden Fortschreibungen das Zusammenspiel von Vorgaben der Bauordnung(en), Wohnbauförderungen und klimaaktiv Gebäudestandards analysiert und die bisherigen Modellannahmen revidiert. Darauf aufbauend wurde ein Ausblick für die zukünftige Entwicklung erstellt.

Ergebnisse und Nutzen

Die Hauptergebnisse der Kurzstudie fokussieren sich auf folgende Aspekte:

  • Energetisches Wirkungspotenzial des Programms „klimaaktiv bauen und sanieren“ vor dem Hintergrund der beschlossenen Klimaziele
  • Empfehlungen für einen ergebniswirksamen Entwicklungspfad der Anforderungen an die thermische Qualität und Energiebereitstellung des klimaaktiv Gebäudestandards
  • Aufzeigen der dem Gebäudebereich spezifischen, zeitlichen Verzögerung zwischen Maßnahmenbeschluss und Eintreten der gewünschten Wirkung
  • Modellierung des resultierenden Wärmebedarfs für den Gebäudesektor ergänzt um den Strombedarf für Gebäudetechnik und Kühlung

Schlussfolgerungen

Das WAM-plus Szenario der „Energiewirtschaftlichen Szenarien im Hinblick auf die Klimaziele 2030 und 2050" stellt für sich bereits einen ambitionierten Entwicklungspfad für den Gebäudebereich dar. Ziel der Kurzstudie war es, zu untersuchen, welche Auswirkungen eine österreichweit flächendeckende Anwendung des klimaaktiv-Gebäudestandards auf den Endenergiebedarf und die resultierenden Treibhausgas-Emissionen in Österreich bis 2050 hat.

Folgende generelle Schlussfolgerungen können zusammenfassend abgeleitet werden:

  • Der Gebäudesektor nimmt in Österreich den zweitgrößten Bereich an Treibhausgas-Emittenten ein, wobei direkte Zusammenhänge in weitere Sektoren (u.a. Verkehr und Energie) existieren.
  • Im Gebäudesektor wurden bereits vielversprechende Fortschritte bei der Reduktion von Treibhausgas-Emissionen gemacht, wobei das gesamte Potenzial bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist.
  • Es bedarf sektorspezifischen Zielsetzungen, um den jeweiligen Gegebenheiten in den unterschiedlichen Sektoren Rechnung zu tragen. Im Gebäudesektor können mit vergleichbarem Aufwand und Zeithorizont größere Reduktionen an Treibhausgas-Emissionen als z.B. in der Landwirtschaft erzielt werden.
  • Die Festschreibung des klimaaktiv-Gebäudestandards als Bauordnung kann den Endenergiebedarf (Lieferenergie) für Raumwärme und Warmwasser bis 2050 gegenüber dem Szenario „WAM plus 2015" um etwa 25 bis 35 % (je nach Zeitpunkt des Inkrafttretens) reduzieren. Damit ergibt sich eine Reduktion des Endenergiebedarfs um rund 72 bis 76 % gegenüber dem Verbrauch 2010. Eine sofortige Umsetzung (2017) reduziert den Endenergiebedarf dabei um rund 10 % gegenüber einer späteren Festschreibung des klimaaktiv-Gebäudestandards als Bauordnung.
  • Während der Warmwasser-Wärmebedarf derzeit rund 10 % des Endenergiebedarfs für Raumwärme und Warmwasser einnimmt, steigt dieser Anteil auf rund 35 % im Jahr 2050 (eine ambitionierte Bauordnung und Sanierungspolitik vorausgesetzt).
  • Durch den klimaaktiv-Gebäudestandard als Bauordnung (Szenario „BuS 2017", Umsetzung 2017) kann der Heizwärmebedarf in 2050 gegenüber dem heutigen Bedarf (inklusive der Berücksichtigung von NutzerInnenverhalten und Rebound-Effekten) um etwa 75 % reduziert werden (20 TWh in 2050). Im WAMplus-Szenario liegt diese Kenngröße in 2050 um 60 % (32 TWh) über dem Ergebnis des BuS 2017-Szenarios.
  • Der Nutzenergiebedarf für Heizzwecke wird im WAM-plus Szenario zu mehr als 2/3 von Gebäuden verursacht, die im Zeitraum zwischen 2015 und 2050 einer Sanierung (inkl. „Pinselsanierungen") unterzogen werden. In den klimaaktiv-Szenarien kann der Energiebedarf dieser Gebäude gegenüber dem WAM-plus Szenario halbiert werden (BuS 2017: -50 %). Durch den klimaaktiv-Gebäudestandard (Umsetzung 2017) wird dadurch der Energiebedarf (für Raumwärme) der sanierten Gebäude auf rund 10 TWh im Jahr 2050 reduziert.
  • Im klimaaktiv-Szenario werden rund 10 % der resultierenden Nutzfläche aus Gründen des Denkmalschutzes bzw. aus technischen Gründen (Stuckfassaden, etc.) keiner thermischen Sanierung unterzogen. Diese Gebäude beanspruchen allerdings rund 33 % der gesamten Nutzenergie für die Raumwärmebereitstellung. Effektivere Sanierungskonzepte für solche Gebäude sind notwendig, um in diesem Bereich erhebliche, zusätzliche Verbesserungen zu erzielen.
  • Die Nutzung von Erdgas für die Raumwärmebereitstellung lässt sich zwar durch die in den Szenarien berücksichtigten Mechanismen reduzieren, jedoch bis 2050 nicht vollständig oder nahezu eliminieren. Um den Erdgas-Verbrauch und die damit zusammenhängenden Treibhausgas-Emissionen zu vermeiden, bedarf es restriktiven Einschränkungen.
  • Neubauten bis 2050 beanspruchen sowohl im WAM-plus als auch in den klimaaktiv-Szenarien einen eher geringen Anteil am gesamten Endenergiebedarf für die Raumwärmebereitstellung. Eine zielfokussierte Klimapolitik im Gebäudesektor sollte sich somit vor allem auf Sanierungen richten. Dennoch lässt sich das Ergebnis der klimaaktiv-Szenarien nur durch eine Verschärfung der Neubauvorschriften erzielen.
  • Fernwärme wird 2050 einer der Hauptenergieträger für die Wärmebereitstellung sein, wodurch die Thematik Siedlungsstrukturen vermehrt in den Mittelpunkt rückt. Nachverdichtungen und kompakte Bauweisen nehmen somit einen besonderen Stellenwert ein, um die benötigten Nah- und Fernwärme-Anlagen auch wirtschaftlich und effizient betreiben zu können.
  • Neben Wärmenetzen werden Wärmepumpen die Technologie sein, die 2050 die meisten Gebäudeflächen mit Wärmeenergie versorgen werden (Die Auswirkungen der Aufhebung des Verbots zur Nutzung von Direktstromheizungen als Hauptheizungssysteme durch die OIB Richtlinie 2015 wurde in der Studie nicht untersucht). Daher ist es unbedingt notwendig, durch Kontroll- und Planungsmaßnahmen sicherzustellen, dass Wärmepumpen auch im Betrieb akzeptable Jahresarbeitszahlen aufweisen.

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